Manfred Schlösser

Gambling Social Clubs

Die Bundesregierung, mit ihr auch einige Landesregierungen, scheinen in Sachen Prävention völlig neu zu denken. Erste Hinweise darauf liefert das neue Cannabisgesetz. Kern des Gesetzes, so Dr. Karl Lauterbach, Bundesminister für Gesundheit, ist das Ziel, durch Legalisierung den illegalen Schwarzmarkt um zwei Drittel zurückzudrängen. Mit einhergehen soll deutlich mehr Jugendschutz und generell mehr Schutz vor Sucht und Kriminalität. Gekifft werden darf überall. Bannmeilen von 100 Metern ziehen sich lediglich um Schulen, Kitas, Spielplätze und öffentliche Sportstätten.

Wenn sich diese Erkenntnis großflächig in der Politik durchsetzt, dann darf auch die Automatenwirtschaft hierzulande aufatmen: Spielhallen werden in „Gambling Social Clubs“ umbenannt. Expansion ist politisch gewollt. Die Bannmeilen zwischen Spielstätten und Jugendeinrichtungen werden drastisch verkürzt, damit wieder genügend Angebot für legales Spiel gemacht werden kann. So wie bei Cannabis wird der überforderte Vollzug durch ein zeitgemäßes Spiel unterstützt, das die Spielgäste nicht zu illegalen Anbietern in Hinterhöfen und getarnten Wohnungen abwandern lässt. Der Schwarzmarkt käme größtenteils zum Erliegen.

Es lebe also die Freiheit, damit das Illegale ausgetrocknet wird. Genau das ist der Schlachtruf von jenen, die das Cannabisgesetz durchgedrückt haben – obwohl wir in der Republik wahrlich anderes zu tun hätten. Aber wenn schon, denn schon: Was bei Cannabis stimmt, kann ja beim Gambling nicht falsch sein. Es lebe der Gambling Social Club mit den Kontrollmöglichkeiten der Kiffer-Szene.

Doch Scherz beiseite und der 1. April ist auch schon etwas her. Aber wie heißt es so schön: „Wat den einen sin Uhl, is den annern sin Nachtigall.“ Aus den gleichen Reihen, die auf die Freigabe von Cannabis das hohe Lied singen, wird das legale Geldspiel als Teufelswerk an die Wand gemalt. Selbsternannte Suchtpäpste ziehen seit Jahren durch Medien und Parlamente und warnen vor dem bösen Groschenspiel. Wobei sich die Stimmen aus Wissenschaft und Praxis mehren, die mit Sorge sehen, dass das illegale Spiel massiv zunimmt, seit die Hürden für das kleine, legale Geldspiel immer höher gelegt wurden – und zwar für Betreiber und Spielgäste.

Bundesweit zeigen Razzien, dass das illegale Spiel keinerlei Spielerschutz kennt. Im Gegenteil: Der Spielgast wird zu Ausgaben verführt, die er selbst kaum noch kontrollieren kann. Spieleinsätze von tausend Euro und mehr für ein Drei-Sekunden-Spiel sind keine Seltenheit. Vielen Dank liebe Politik, das ging ja genau in die richtige Richtung.

Wie wär’s also mal mit Umdenken? Spielstätten von heute sind mit mehr Auflagen und Kontrollen versehen, als es ein „Cannabis Social Club“ je sein kann. Könnte vor diesem Hintergrund die Uhl nicht mal mit den gleichen Augen gesehen werden wie die Nachtigall? Gleiches Denken also in Sachen Zurückdrängen der Illegalität? „Chapeau“ würde ich dem Politiker zurufen, der den Mumm hätte, dies auch mal laut zu sagen – zum Schutz der Unternehmer in der Branche, ihrer Mitarbeiter und ihrer Spielgäste. Doch zur Wahrheit gehört Mut. Ein eher seltenes Gut in der politischen Landschaft. Wobei auch da gilt: Wir arbeiten weiter daran, denn die Hoffnung stirbt zuletzt.

Manfred Schlösser
Verleger games & business
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