Dehoga zieht Bilanz: Gastgewerbe weiter unter Druck

Das Gastgewerbe in Deutschland sieht sich nach drei Verlustjahren in Folge weiter vor teils existenziellen Herausforderungen. Der Präsident des Dehoga Bundesverbands Guido Zöllick und Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges verwiesen auf einer Pressekonferenz in Berlin auf die Umsatzverluste im ersten Halbjahr 2023. Diese lagen mit real 10,4 Prozent (nominal + 9,6 Prozent) deutlich unter dem Niveau des ersten Halbjahres 2019, dem Vergleichszeitraum vor der Corona-Pandemie. Laut Zahlen des Statistischen Bundesamts schnitt das Gaststättengewerbe mit einem realen Umsatzminus von 13 Prozent (nominal + 8,7 Prozent) noch schlechter ab.

Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung für Beibehaltung der 7 Prozent Mehrwertsteuer

36.000 Unternehmen hat die Branche in den Jahren 2020 und 2021 verloren. 2024 droht laut Dehoga das Aus von 12.000 weiteren Betrieben, wenn zum Jahreswechsel die geplante Steuererhöhung von 7 auf 19 Prozent kommen würde. Dehoga-Präsident Zöllick: „Das ist bitter. Denn schon jetzt ist die Gastronomiedichte insbesondere im ländlichen Raum spürbar gesunken.“ Eine Steuererhöhung auf Speisen zum 1. Januar 2024 müsste laut Verband in vollem Umfang an die Gäste weitergegeben werden. Auch weitere Kostenbelastungen, da die Gastronomen keine Spielräume und Reserven mehr hätten. „Das führt zu einem Preisschock für die Gäste. Weniger Gäste, Umsatzverluste und weitere Betriebsschließungen wären vorprogrammiert“, so Zöllick.

Der Branchenverband fordert, dass Essen einheitlich mit 7 Prozent besteuert wird. So sieht in seinen Augen, aber auch bei einer großen Mehrheit der Menschen „Steuerfairness“ aus. Aus einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa im Auftrag des Dehoga geht hervor, dass mehr als zwei Drittel der Menschen in Deutschland eine Mehrwertsteuererhöhung auf Speisen in der Gastronomie ablehnen. Mehr als jeder Zweite würde in dem Fall seltener essen gehen.

„Massiv unter Druck“

Das Sommergeschäft sei nicht wie erwartet gelaufen, bilanziert der Verband. Das Gastgewerbe stehe „massiv unter Druck“. Laut Umfrage fiel es für jeden zweiten Unternehmer (54,4 Prozent) schlechter aus als im Vorkrisenjahr 2019, und für 40,7 Prozent auch schlechter als 2022. Zöllick: „Neben dem wechselhaften Wetter stellten 64,5 Prozent der Betriebe einen Rückgang der Gästezahlen wegen der zunehmenden Konsumzurückhaltung fest.“ Er betont, dass die Branche ebenso wie ihre Gäste enorm unter den weiter steigenden Kosten leide.

Existenz- und Zukunftsängste

Als größte Herausforderung sehen 83,8 Prozent der Betriebe die Kostenexplosion in den Bereichen Lebensmittel und Getränke, gefolgt von den überproportional gestiegenen Kosten für Energie (79,5 Prozent), Personal (76 Prozent) und der zunehmenden Bürokratie (75 Prozent). 65,2 Prozent der Unternehmer gaben zudem akuten Mitarbeitermangel an. „Die Existenzängste in der Branche sind unvermindert hoch. Mit 45,5 Prozent erwarten fast die Hälfte unserer Unternehmer, dass die Geschäfte in den kommenden drei Monaten schlechter laufen als bisher“, sagt Zöllick. Vor dem Hintergrund sinkender Gästezahlen bei zugleich steigenden Kosten befürchten 28 Prozent der Unternehmer, mit ihrem Betrieb im Jahr 2023 sogar in die Verlustzone zu geraten.

Einheitlich 7 Prozent statt Benachteiligung der Branche

Vor diesem Hintergrund hätte eine Mehrwertsteuererhöhung auf Speisen zum Jahreswechsel fatale Folgen für Gäste und Beschäftigte, für die Wirtschaft und die Betriebe. Gastronomie müsse bezahlbar bleiben und mit Blick auf ihre hohe Relevanz steuerpolitisch sachgerecht behandelt werden. Es dürfe gegenüber anderen Anbietern von Essen keine Benachteiligung geben. In 23 EU-Staaten gelte aktuell der reduzierte Mehrwertsteuersatz. „In den meisten Staaten werde Essen, egal ob, wie und wo zubereitet, steuerlich gleichbehandelt“, betont Zöllick und er fordert: „Wenn Restaurants, Wirtshäuser und Biergärten überleben sollen, müssen die 7 Prozent Mehrwertsteuer bleiben.“ Hier kann die entsprechende Petition des Dehoga unterzeichnet werden.

Bild: Dehoga-Präsident Guido Zöllick warnt vor einem Preisschock für die Gäste und fatalen Folgen für das Gastgewerbe. © Dehoga Bundesverband/Svea Pietschmann