Glücksspielrechtstag: Rechtsprechung braucht frischen Wind

Das deutliche Missverhältnis zwischen qualitativer Marktentwicklung und einer Regulierung und Rechtssprechung, die das völlig ignoriert, muss korrigiert werden. So lautete die juristische Botschaft auf dem 8. Deutschen Glücksspielrechtstag am 22. September in Frankfurt. Dieser ist eine Veranstaltung der Zeitschrift für Wett- und Glücksspielrecht (ZfWG) und der Benesch & Partner Rechtsanwälte. Dass die Regulierung gerade der Automatenwirtschaft – trotz bundesweitem Glücksspielstaatsvertrag – ein föderalistischer Flickenteppich ist, ist kein Geheimnis. Hintergrund ist hier vor allem, dass Teile der Politik, vor allem aber auch die Rechtsprechung, die Entwicklung des Gesamtmarktes ausblenden.

Veraltete Sichtweisen

Die Kritik daran wurde beim Deutschen Glücksspielrechtstag in Frankfurt unter anderem in den Referaten von Gauselmann-Rechtsanwalt Volker Nottelmann (links) und Professor Dr. Bernd J. Hartmann von der Universität Osnabrück pointiert deutlich. Nottelmann verwies vor allem auf die qualitative Entwicklung, die das terrestrische Spiel durchlaufen hat. Sozialkonzepte, Präventionsschulungen des Personals und oft auch freiwillige Zertifizierungen der Betriebe stünden hier genauso auf der Haben-Seite der Branche wie eine restriktive Spielverordnung, Werbeverbot und Anbindung an ein bundesweites Spielersperrsystem. Das alles habe Markt und Branche nachhaltig verändert. „Man hat aber manchmal den Eindruck, als würde es das alles nicht geben”, meinte Nottelmann mit Blick auf Bundesländer wie Bremen oder auch Berlin mit ihrer Kahlschlagpolitik. Nottelmann nahm hier allerdings auch die Rechtsprechung in die Pflicht, in der auch nicht selten ein Bild der Branche vorherrsche, „das scheinbar aus den Achtzigerjahren kommt”.

Game Changer Online-Glücksspiel

Dass diese Lichtjahre entfernt sind, machte auch Professor Hartmann, Universität Osnabrück, deutlich. Er verwies ebenfalls auf qualitative Maßnahmen zum Spielerschutz, richtete den Scheinwerfer aber auch auf den grundlegenden Game Changer: das jetzt auch legalisierte Online-Glücksspiel, das die Situation endgültig substanziell verändere. Online-Spiel sei jederzeit und überall legal verfügbar. Das wiederum mache quantitative Regulierung nicht nur obsolet. „Mindestabstände zwischen Spielhallen sind nicht nur unverhältnismäßig, sondern auch verfassungswidrig”, so Hartmann. Womit sich der Blick nicht nur auf die Politik, sondern eben auch auf die Rechtssprechung richtet, die dieser Veränderung Rechnung tragen müsse. Da müsse „frischer Wind wehen”.

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