Verfassungsbeschwerden gegen Bremer Glücksspielgesetz

Die mit der Gauselmann Gruppe verbundenen Unternehmen XTiP Sportwetten Shops und Bührmann A + I haben fristgerecht Verfassungsbeschwerden in Karlsruhe gegen das Bremer Landesglücksspielgesetz eingereicht. Das berichtet die Gauselmann Gruppe in einer Pressemitteilung. Die Unternehmen sehen in dem Gesetz „überzogene Restriktionen und existenzbedrohende Regelungen“. Bereits in den vorherigen Eilverfahren hatten die Beschwerdeführer die Verfassungsbeschwerden angekündigt. Die Anwaltskanzleien Rybak.Zehender Wirtschaftskanzlei (RA Jörg Zehender) mit Sitz in Northeim sowie Deubner & Kirchberg – Rechtsanwälte Partnerschaft (RA Prof. Dr. Finger) mit Sitz in Karlsruhe betreuen die Verfahren der Spielhallenbetreiber und Sportwettanbieter. Aktenzeichen liegen noch nicht vor.

Regularien verschärft

Das Gesetz sollte die Änderungen des Glücksspielstaatsvertrags, insbesondere im Bereich der Sportwetten und des virtuellen Automatenspiels, im Landesrecht von Bremen umsetzen. Jedoch nutzte man Gauselmann zufolge diese Gesetzesänderung, um bestehende Regularien für Spielhallen und Wettbüros zu verschärfen und neue einzuführen. Das erklärte Ziel sei es, das Glücksspielangebot in Bremen, mit Ausnahme der staatlichen Spielbanken, drastisch zu reduzieren.

„Das Mittel der Wahl war die Verdopplung der Mindestabstände zwischen Spielhallen von 250 auf 500 Meter sowie die Einführung von 500-Meter-Abständen zu Schulen und Wettbüros. Damit hat der Stadtstaat Bremen bundesweit die strengsten Abstandsregelungen, zusätzlich zu den bereits bestehenden bauplanungsrechtlichen Ausschlüssen“, so die Gauselmann Gruppe. Insbesondere die Regelung der Schulabstände, die im Glücksspielstaatsvertrag nicht vorgesehen sei, gilt ab dem 1. Juli 2023 auch für bestehende Betriebe. Diese müssen im Falle einer Abstandsunterschreitung ausnahmslos schließen. Bei Abstandskollisionen zwischen Spielhallen und/oder Wettbüros werde ein intransparentes Auswahlverfahren angewendet, das gegebenenfalls mit einer Auslosung der Genehmigungen endet.

Nur 30 von 150

Obwohl die Antragsfristen für die Betreiber am 1. März 2023 endeten, seien die entscheidenden Auswahlverfahren für den Fortbestand der Betriebe bisher nicht abgeschlossen. Die Verwaltung könne bis heute die konkreten Auswirkungen der Regelung einschließlich der Zahl der betroffenen Betriebe nicht benennen, obwohl die gesetzliche Frist für den Ablauf der Bestandkonzessionen am 1. Juli endet. Nach Angaben der Behörden werden voraussichtlich nur etwa 30 von etwa 150 Spielhallen/Wettbüros überleben.

Ein solcher „willkürlicher Kahlschlag“ bei grundrechtlich geschützten und erlaubten Gewerbebetrieben stellt einen verfassungswidrigen Eingriff in die Berufsfreiheit dar, ist die Gauselmann Gruppe überzeugt. Die verbleibenden Spielhallen und 120 Schulen lösen Gauselmann zufolge jeweils einen Abstand von 500 Meter aus. Zusammen mit den bauplanungsrechtlichen Ansiedlungsverboten werde so jegliches Ausweichen auf andere Standorte oder Neuansiedlungen verhindert. Es liege also eine „verfassungs- und europarechtswidrige Marktabschottung“ vor. Dadurch würden Spielhallen als kerngebietstypische Nutzungen in den Innenstadtbereichen von Bremen und Bremerhaven, wo sie im Gegensatz zu Wohngebieten generell zulässig sind, eliminiert. Spieler könnten jedoch auf die staatlich betriebenen Spielbanken des Landes Bremen ausweichen.

Angeblicher „Gewöhnungseffekt“

„Zusätzlich wird argumentiert, dass die drastischen Abstände zu Schulen nicht aufgrund der Gefahr des Zutritts von Jugendlichen begründet werden, da dies durch das OASIS-Sperrsystem gewährleistet wird“, so die Gauselmann Gruppe. Die zwangsläufige Schließung der Betriebe werde mit einem angeblich gefährlichen Gewöhnungseffekt für Heranwachsende gerechtfertigt. Diese Begründung verkenne jedoch die Wirkung der bestehenden Werbebeschränkungen für Spielhallen und Wettvermittlungsstellen sowie die neu eingeführte Altersgrenze ab 21 Jahren in Bremen. Die Heraufsetzung der Volljährigkeitsgrenze schließe die Gewöhnungsgefahr für Jugendliche wohl aus. Zu guter Letzt ist es den Spielern über 21 Jahren aus Gründen des Eigenschutzes untersagt, eigene Speisen oder Getränke zu verzehren.

Diese „Regulierungswut“ treffe auf ein Spielangebot, das seit den Leitentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2017 durch Einführung von Präventionskursen für Mitarbeiter, Reduzierung der Gewinn- und Verlustgrenzen bei Spielgeräten, der Einführung einer Spielerkarte sowie eines bundesweiten spielformübergreifendes Sperrsystems deutlich mehr Spielerschutz bietet als zuvor. „Ob die neuen Restriktionen verfassungsgemäß sind, werden nun die Gerichte klären müssen“, so die Gauselmann Gruppe abschließend.

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