Steueraufkommen virtuelle Automatenspiele

Seit einem Jahr sind Onlinepoker und virtuelle Automatenspiele steuerpflichtig. Dabei handelt es sich um Steuerquellen mit steigender Tendenz, schreibt Steuerrechtsexperte RA Prof. Jens M. Schmittmann (Foto) in einem Gastbeitrag im Handelsblatt. 2021 seien nach Angaben des Bundesfinanzministeriums seit der Einführung der Steuer am 1. Juli 2021 rund 156,8 Millionen Euro virtuelle Automatensteuer und 9,7 Millionen Euro Onlinepoker-Steuer eingenommen worden. Im ersten Quartal 2022 habe die virtuelle Automatensteuer rund 140,7 Millionen Euro und die Onlinepoker-Steuer 7,8 Millionen Euro betragen.

„Ob die Anbieter dieser Spiele ihren Steuererklärungspflichten im Inland nachkommen, steht aktuell noch in den Sternen“, schreibt Schmittmann und weist auf einen wichtigen Aspekt hin: „Ein strukturelles Vollzugsdefizit kann nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts allerdings zu einer Verfassungswidrigkeit der Steuer führen. In einer jüngst veröffentlichten Entscheidung sieht das Sächsische Finanzgericht (FG) einen solchen schwerwiegenden Vollzugsmangel allerdings nicht. Im Zusammenhang mit ähnlich schwer zu kontrollierenden Gewinnen aus Kryptowerten hat das FG Köln unlängst ebenso kein Vollzugsdefizit gesehen.“

Ein weiterer, nicht minder wichtiger Gesichtspunkt sei die Umsatzsteuer. Findet das Automatenspiel physisch statt, also mit Spielern, die in den Spielhallen körperlich anwesend sind, unterliegen die Leistungen der Umsatzsteuer. Diese beträgt regelmäßig 19 Prozent. Zudem erheben zahlreiche Gemeinden auf Umsätze mit Geldspielautomaten eine örtliche Vergnügungssteuer. Das virtuelle Automatenspiel unterliegt weder der Vergnügungs- noch der Umsatzsteuer. Daraus habe das Finanzgericht Münster gefolgert, dass ein Verstoß gegen den umsatzsteuerlichen Grundsatz der Neutralität vorliegt, weil virtuelle Geldspielumsätze von der Umsatzsteuer befreit seien, während die terrestrischen Geldspielumsätze der Umsatzsteuer unterliegen. Das Gericht habe daher unmittelbar aus dem maßgebenden Recht der Europäischen Union, der Mehrwertsteuersystemrichtlinie, eine Steuerbefreiung für die Betreiber von Spielhallen abgeleitet. Dagegen sei derzeit beim Bundesfinanzhof (BFH) eine Revision anhängig.

„Möglicherweise war der deutsche Gesetzgeber mit der Besteuerung des virtuellen Automatenspiels sowie des Onlinepokers im Rennwett- und Lotteriegesetz ohne Berücksichtigung der umsatzsteuerlichen Wechselwirkungen zu voreilig“, schätzt Schmittmann ein. Falls der Bundesfinanzhof die Entscheidung des FG Münster bestätigt, sei der Gesetzgeber gefordert.

Im Zuge der Legalisierung von virtuellen Automatenspielen und Onlinepoker hat der Gesetzgeber für die Besteuerung beider Spielformen einen Steuersatz von 5,3 Prozent festgesetzt. Bemessungsgrundlage ist der geleistete Spieleinsatz abzüglich der virtuellen Automatensteuer beziehungsweise der Onlinepoker-Steuer.