Reiz des Risikos – Soziologische Perspektiven

Was hat Risikohandeln mit Glücksspiel zu tun? Dieser Frage ging Prof. Dr. Jens O. Zinn nach. Er ist T.R. Ashworth Associate Professor für Soziologie an der University of Melbourne. Sein Vortrag fand im Rahmen der digitalen Bochumer Forschungswerkstatt des Instituts für Glücksspiel und Gesellschaft (GLÜG) am 28. Juni statt. Dabei spannte Zinn den Bogen vom Umgang mit einer unsicheren Zukunft von der Antike bis heute. Es sei eine Frage der Perspektive, ob Unsicherheit als Chance oder Gefahr wahrgenommen werde. Kein Leben sei ohne Risiko denkbar. Es gebe einen starken Diskurs darüber, ob das Eingehen von Risiken nicht das Salz in der Suppe des Lebens sei.

Zinn machte drei Formen des Risikohandelns aus, die sich auch auf das Glücksspiel beziehen lassen: Risikohandeln als Selbstzweck – wie beim Risikosport, aber auch beim Glücksspiel, wenn eine Selbsterfüllung durch Sport bzw. Spielen gegeben ist. Risikohandeln aus Vulnerabilität, wenn man ein Risiko aus der Not heraus eingeht – wie bei der Flucht oder aber als Notlage beim Glücksspiel, um zum Beispiel aus Schulden herauszukommen. Und Risikohandeln, um materielle, soziale bzw. individuelle Anerkennung um Beispiel als „Experte“ beim Glücksspiel (Pferdewetten, Poker) zu erlangen. Es gebe also ähnliche Motive bei Risikohandeln und Glücksspiel, so Zinn.

Wie wird nun mit der Unsicherheit bei Risikohandeln und Glücksspiel umgegangen? Zwischen rationalen und nicht-rationalen Umgangsweisen gebe es noch das „Dazwischen“, das mit Vertrauen, Intuition und Gefühl verbunden sei. „Intuitives Wissen kann in manchen Kontexten hochwirksam sein“, so Zinn. Beim Risikohandeln und beim Glücksspiel wolle man den Lebensalltag vorübergehend vergessen, einer Notlage entkommen und nach Anerkennung und einem positiven Selbstbild streben. Studien belegen, so Zinn, dass Menschen, die gesellschaftlich wenige Möglichkeiten für sich sehen, beim Lotteriespielen überrepräsentiert sind; im Casino treffe man überproportional mehr Spieler, die es „sich leisten“ können.

Weitere Vorträge in der Forschungswerkstatt des GLÜG:

14. Juli: Glücksspiel und Glücksspielregulierung in Japan
17. November: Gaming und Gambling
15. Dezember: Glücksspielrecht und ungerechtfertigte Bereicherung („Spielerklagen“)