Online-Lizenzen: Adieu „Bananenrepublik“

„Kein Meisterwerk“, „ein Pfad des Grauens“, „Bananenrepublik“. Dass der Rechtsanwalt und Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Thomas Dünchheim (Hogan Lovells, Foto) an der deutschen Glücksspielregulierung der letzten Jahrzehnte kein gutes Haar lässt, ist eine Untertreibung. Was die Zukunft betrifft, ist er allerdings ganz optimistisch und bezog sich dabei vor allem auf die Legalisierung bislang verbotener Online-Glücksspielformen: „Der neue Glücksspielstaatsvertrag macht vieles besser.“ Dünchheim referierte auf einer Online-Veranstaltung des Behörden Spiegels am 12. Mai zum Thema „Glücksspiellizenzen in Deutschland“.

Zuverlässig oder nicht?

Der Rechtsexperte nahm die Teilnehmer der Veranstaltung mit auf einen „groben Ritt durch die neuen Regeln des Staatsvertrags“ und erläuterte dabei spannende aktuelle Rechtsfragen. Etwa jene, wie es um die rechtliche Zuverlässigkeit von Anbietern von virtuellen Automatenspielen bestellt ist, die ohne Lizenz operieren, ob seit langem oder erst nach Inkrafttreten des neuen Staatsvertrags am 1. Juli 2021. Die Bewertung der Zuverlässigkeit ist ein wichtiges Kriterium für den Erhalt einer Veranstaltererlaubnis für virtuelle Automatenspiele aus Sachsen-Anhalt. Da bislang erst eine Erlaubnis offiziell vergeben wurde, handeln nicht-lizenzierte Anbieter „formell glücksspielrechtswidrig“, wie sich Dünchheim ausdrückte. Dennoch sei die Gemengelage „komplex“: „Man kann nicht jedes Ereignis heranziehen, um Zuverlässigkeit zu beurteilen.“ Darüber hinaus handele es sich bei der Bewertung der Zuverlässigkeit stets um eine „Prognose für die Zukunft“. Mit dem sogenannten Umlaufbeschluss, der Online-Glücksspielanbietern seit Ende 2020 einen Übergang in das neue Rechtsregime ermöglicht, wenn sie sich an alle Regeln aus dem neuen Staatsvertrag halten, können sich die Unternehmen Dünchheim zufolge nicht auf der sicheren Seite wähnen: „Dogmatisch betrachtet ist das keine Duldung, die Strafbarkeit ausschließt.“ Der Umlaufbeschluss stelle vielmehr ein „ermessenslenkendes Konzept“ dar.

Schnellere Verfahren

Nach Dünchheims Informationsstand wurden bereits fünf Erlaubnisse für virtuelle Automatenspiele durch das Glücksspielkollegium positiv beschieden. Wie die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL), die ab 2023 eigenständig über die Lizenzierung entscheiden wird, die Verfahren künftig schneller gestalten kann, lautete eine weitere Frage, auf die Dünchheim einging. Der Rechtsexperte plädiert für eine „einfache Binsenweisheit“: „Der GGL müssen mehr Sach- und Personalmittel zur Verfügung gestellt werden.“ Ferner könnten die Implementierung von Zertifizierungen, Musterbescheide und Leitfäden hilfreich sein. Der wichtigste Aspekt sei aber immer das Personal, auch im Hinblick auf den Vollzug: „Ich bin der festen Meinung, dass der Vollzug lange Zeit am fehlenden Personal gekrankt hat.“ „Himmelschreiend“ findet Dünchheim, dass Bescheide deutscher Behörden an illegal agierende Anbieter im Ausland, etwa auf Malta, oft nicht zugestellt werden können. „Daran sieht man, dass die EU noch nicht so funktioniert, wie sie funktionieren sollte.“

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Foto: © Hogan Lovells Int LLP