Netzsperren für illegales Glücksspiel

Deutsche Internet-Provider sollen Websites mit illegalem Glücksspiel freiwillig sperren, und zwar auf Zuruf durch die Gemeinsame Glücksspielaufsicht der Länder (GGL). Das ist die Intention eines GGL-Rundbriefs an die Provider, in dem die Behörde zeitgleich auf mögliche Zwangsgelder hinweist. netzpolitik.org berichtet über dieses Vorgehen, macht das Rundschreiben im Volltext öffentlich und hat Reaktionen von Providern und aus der Politik dazu eingeholt. Auch die GGL selbst erklärt sich.

Gegen „kooperative Zusammenarbeit“

Die GGL mit Sitz in Sachsen-Anhalt hat ihre Arbeit Anfang Juli aufgenommen. Ihr aktueller Vorstoß trifft bei Providern laut netzpolitik.org auf scharfe Kritik. Denn in der Regel setzten Provider solche Netzsperren erst nach einem formellen Verwaltungsverfahren um – und nicht auf Zuruf, wenn die GGL sie bittet. Die Provider Vodafone, Telekom und PŸUR lehnen die angeregte freiwillige Zusammenarbeit ab. Zum Beispiel erklärt Vodafone gegenüber netzpolitik.org, „dieser Bitte“ nicht nachkommen zu wollen. Stattdessen wolle man sich „an die rechtlichen Rahmenbedingungen“ halten. „Wir werden also im nächsten Schritt sehr genau analysieren, ob und unter welchen Voraussetzungen wir hier sperren müssen“, wird der Provider zitiert.

Auch aus dem Bundestag gebe es Gegenwind. Danach bezeichne die Vorsitzende des Digitalausschusses im Bundestag, Tabea Rößner (Grüne), das Vorgehen der GGL als „etwas unglücklich“, verweist aber darauf, dass das Schreiben nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen sei. Der digitalpolitische Sprecher der FDP, Maximilian Funke-Kaiser, warne vor den „massiven Grundrechtseinschränkungen“ durch Netzsperren. Für die Abgeordnete Petra Sitte (Linke) sei es „absolut inakzeptabel“. Es stelle „faktisch eine Aufforderung zum Rechtsbruch dar“.

Zwangsgeldandrohung

Die GGL selbst schreibt netzpolitik.org auf Anfrage, dass sie einen kooperativen Ansatz mit Gesprächen auf Augenhöhe verfolge. Es gehe ihr um eine langfristige, vertrauensvolle Zusammenarbeit. Mit dem Rundschreiben hätten die Provider „sensibilisiert“ werden sollen. Digitale Freiheitsrechte seien „ein hohes Gut, das es zu wahren gilt“. Netzsperren für illegale Glücksspielangebote seien „angemessen, geeignet und rechtsstaatlich einwandfrei“.

Falls Provider „diesen aufgezeigten kooperativen Ansatz nicht verfolgen wollen“, wie es im Rundschreiben heißt, beschreibt die Aufsichtsbehörde die Konsequenzen. Von regelmäßigen Anhörungen mit Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote in immenser Häufigkeit sei auszugehen. Die Folge seien Verfügungen zur Sperrung. Eine solche Verfügung könne mit einer „Zwangsgeldandrohung“ verbunden werden. Bis zu einer halben Million Euro.

Bereits im Jahr 2011 habe es Bemühungen gegeben, Netzsperren gegen illegales Glücksspiel einzuführen, erinnert netzpolitik.org. Und bereits vor 11 Jahren hätten der Chaos Computer Club und der „Arbeitskreis gegen Internet-Sperren und Zensur“ davor gewarnt, Netzsperren als Mittel gegen Kriminalität im Netz salonfähig zu machen. Der Sprecher des Chaos Computer Club Dirk Engling attestierte den zuständigen Behörden eine erstaunliche Lernresistenz. Netzsperren seien ein „längst verwesender Pferdekadaver“, zitiert netzpolitik.org Engling.

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