LUGAS: „Weltweit einmalige“ Datensammlung

Der neue Glücksspielstaatsvertrag 2021 lockert die bisherige strikte Verbotspolitik im Online-Glücksspiel-Bereich. Um den Online-Glücksspielmarkt in Deutschland zu überwachen, sieht das Regelwerk ein staatliches IT-System vor, an das sich die Anbieter ausgewählter Glücksspielformen verpflichtend anschließen müssen. Dieses IT-System trägt den Namen „Länderübergreifendes Glücksspielaufsichtssystem“ (kurz LUGAS) und ist Gegenstand einer kontroversen datenschutzrechtlichen Diskussion. An diese Diskussion knüpfte der Behörden Spiegel mit seinem Online-Seminar „LUGAS und Datenschutz“ am 4. Mai an, das verschiedenen Experten die Möglichkeit bot, ihre Perspektiven auf das Thema zu erläutern. Zentrale Frage, um die alle Diskussionsbeiträge kreisten, war, ob die empfindliche Datenmenge, die über die Spieler gespeichert wird, sich mit Verweis auf die Suchtprävention rechtfertigen lässt. Oder, ob es sich um einen unverhältnismäßigen Eingriff des Staates in die informationelle Selbstbestimmung und die Eigenverantwortlichkeit des Individuums handelt.

Felix Schleife (links oben) ist Referent im Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt, das bis zur vollständigen Arbeitsfähigkeit der neuen Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) Anfang 2023 für das Aufsichtssystem zuständig ist. Er erläuterte zunächst grundlegend, dass LUGAS eine übergeordnete Bezeichnung für das Zusammenspiel mehrerer Systeme ist: So besteht LUGAS im Einzelnen aus der Limitdatei, mit der das Einzahlungslimit von 1.000 Euro überwacht wird, der Aktivitätsdatei, die das parallele Spiel verhindern soll, und dem Safe-Server-System, mit der die Behörde einen Blick auf die Geschäftsabläufe der Glücksspielanbieter hat. Schleife zeigte sich stolz, dass diese komplexe IT-Infrastruktur rechtzeitig fertiggestellt wurde, „obwohl von vielen Stellen bezweifelt wurde, dass das zu schaffen ist“. Jetzt warte die Behörde darauf, dass alle Anbieter, die gesetzlich zu einem Anschluss verpflichtet sind (etwa Anbieter von Sportwetten, virtuellen Automatenspielen und Online-Poker), dies auch zeitnah tun. Hier gebe es momentan Nachholbedarf: „Von circa 100 Anbietern, die bisweilen angeschlossen sein müssten, sind es nicht mehr als die Hälfte.“ Was die datenschutzrechtlichen Bedenken angeht, sieht Schleife das größte Problem darin, dass momentan aneinander vorbei geredet werde: „Es gibt falsche Vorstellungen darüber, was diese Dateien zu leisten imstande sind.“

Warum LUGAS bei Glücksspielanbietern „erhebliche Bauchschmerzen“ verursacht, erklärte aus Sicht der Industrie Mathias Dahms (links unten). Der Präsident des Deutschen Sportwettenverbands (DSWV) nahm das Verwaltungsamt Sachsen-Anhalt weitestgehend aus seiner Kritik heraus und verwies auf die Unzulänglichkeiten des Glücksspielstaatsvertrags: „Bereits im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens haben wir datenschutzrechtliche Zweifel an den Zentraldateien (Limit- und Aktivitätsdatei) angemeldet.“ Für Dahms ist die Erfassung von Spielerdaten, wie sie hierzulande praktiziert werden soll, „weltweit einmalig“ und schießt weit über das Ziel des Spielerschutzes hinaus: „Es handelt sich um eine ansatzlose Erfassung von Kundendaten. Auch die Spieler, die keine Probleme haben, werden erfasst.“ Zweifel erhob Dahms auch an der technischen Leistungsfähigkeit der Systeme, wobei Schleife ihm in diesem Punkt widersprach: „Mit den Anbietern, die angeschlossen sind, haben wir einen guten Livebetrieb“, so der Behördenvertreter. Deutlich wurde Dahms in Bezug auf den von den Glücksspielanbietern zu unterschreibenden LUGAS-Vertrag, den er detailliert kritisierte: Dieser werde im Kontext der virtuellen Automatenspiele zu einer Erlaubnisvoraussetzung erhoben und reiche die Verantwortung für etwaige Haftungsschäden einseitig an die Anbieter weiter. Es ergebe sich eine „Zwickmühle“: „Auf der einen Seiten riskieren die Anbieter ihre Lizenz, auf der anderen Seite riskieren sie gegen die datenschutzrechtlichen Verpflichtungen gegenüber ihren Kunden zu verstoßen.“

Weitere Teilnehmer der Diskussion waren die Datenschutzspezialisten Benjamin Bäßler (Mitte unten), Abteilungsleiter beim Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württemberg, Dr. Thilo Weichert (Mitte oben), ehem. Datenschutzbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein, und Prof. Niko Härting (rechts unten), Rechtsanwalt und Partner Härting Rechtsanwälte.

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