Stefan Dreizehnter

Hinterm Horizont geht’s weiter

Der Bundesverband Automatenunternehmer (BA) hat sich ein interessantes Präsidium gewählt. Mit dem Präsidenten Thomas Breitkopf (Verband Berlin und Ostdeutschland) und den beiden Vizes Gundolf Aubke (Hamburg) und Freddy Fischer (NRW) hat die Riege der Landeschefs auf Erfahrung gesetzt. Überraschend sind hier aber mit Julia Voß und Johanna Bergstein (beide Schleswig-Holstein) zwei junge Frauen ins Team gerückt, mit denen niemand so recht gerechnet hatte und die das Zeug haben, das Bild des Bundesverbandes zu verändern.

Die Überraschung bei den BA-Wahlen ging aber schon mit einer anderen Entscheidung los. Die Prinzip der Doppelspitze mit Thomas Breitkopf und Andy Meindl (Bayern) wurde nicht bestätigt. An der Doppelbesetzung des Präsidentenamtes hatte es zwar im Vorfeld aus einigen Richtungen Kritik gegeben. Auf der andere Seite hatte diese Lösung in den letzten beiden Jahren aber auch für Balance in den Reihen des BA gesorgt. Deswegen war man davon ausgegangen, dass die Lösung trotz aller Vorbehalte in eine zweite Runde geht. Dem war nicht so. Und das machte offensichtlich den Weg für den jetzt gefundenen Vorstand frei.

Diese Lösung ist weiblicher, jünger, nördlicher und in dieser Kombination sehr spannend. Johanna Bergstein und Julia Voß mögen auf den ersten Blick neu und für viele vielleicht auch unerfahren wirken. Dieser Eindruck täuscht aber absolut, wie Leserinnen und Leser von games & business schon wissen und in unseren Ausgaben 04/22 und 08/22 noch einmal nachlesen können. Alle anderen werden es wohl bald merken.

Beide sind in Automatenbetrieben aufgewachsen. In beiden Familien war zu Hause nicht nur das Geschäft, sondern auch Branchen- und Verbandspolitik immer Thema. Beide wissen also, wie es geht, worum es geht und vor allem, dass es nicht ewig so weitergehen wird wie bisher. Sie sind die Vertreterinnen einer neuen Generation, bringen ein hohes Maß an Veränderungsbereitschaft, nüchternen Geschäftssinn und natürlich die weibliche Perspektive ins Spiel. Und die kann durchaus auch mal anders als erwartbar sein, wie jeder weiß, der die Tradition der leider viel zu seltenen Branchenpolitikerinnen kennt. Und der sich der Tatsache bewusst ist, dass die Automatenbranche noch immer eine von Männern dominierte Branche ist.

Einen unübersehbaren Schönheitsfleck hat dieses neue Präsidium des BA allerdings. Zumindest geografisch reicht es nur von Flensburg bis Essen. Danach ist Schluss. Die Hälfte der Republik ist nicht repräsentiert. Sage keiner, das „ewige Proporzdenken” sei old school und mega out. Das ist es eben nicht, wie der ausgleichende Effekt der bisherigen, auch dem Proporz geschuldeten Doppelspitze im BA zeigte. Die hatte für genau jenen Ausgleich gesorgt, der vorher vermisst wurde und den es jetzt nicht mehr gibt.

Damit sich der Schönheitsfleck nicht zum Makel auswächst, wird es auf jeden Fall die Aufgabe des neuen Vorstands sein, immer darauf zu achten, dass es auch hinter dem Siebengebirge noch Automaten gibt. Mag der Blick zum Horizont von Nord- und Ostsee auch noch so stimmungsvoll sein – auch im Süden gibt es einen Horizont, hinter dem es weitergeht.

Stefan Dreizehnter

Chefredakteur games & business
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