Stefan Dreizehnter
15.05.2023
Ganz neue Töne
Gerade eben noch hat Präventionsspezialist Günther Zeltner bedauert, dass sich die Glücksspiel-Forschung fast ausschließlich auf die negativen Seiten des Spiels konzentriert. „Es gibt fast nichts darüber, was den Spaß des Glücksspiels ausmacht, wofür es den Menschen nützlich ist”, sagte er auf der FSGP-Tagung. Und wenige Tage später kommt die Meldung über die wissenschaftliche Studie „Spielfreude”, die der Bundesverband Automatenunternehmer in Auftrag gegeben hat und zu seinem 70. Geburtstag in Berlin vorstellt.
Nach vielen Jahren der intellektuellen Einbahnstraße in Sachen Glücksspiel-Forschung tut sich offenbar etwas im Land. Es ist, als ob einigen Stimmen in der Szene die ständige Pathologisierung von Spiel und vor allem von Spielerinnen und Spielern schlicht zu eindimensional ist. Und die bisherige Forschung spricht den Menschen, die gerne spielen, außerdem oft auch die Mündigkeit ab. Der Staat müsse den Menschen ein Stück weit die Eigenverantwortung zurückgeben, sagte deswegen Professor Bühringer, ebenfalls bei der FSGP. „Eigenverantwortung” – das ist ein Begriff, der schon länger nicht im Zusammenhang mit dem Glücksspiel vorkommt. Nicht bei der Politik. Und erst recht nicht bei der Wissenschaft, die seit Jahren den immer gleichen Ton vorgibt. Ändert sich das jetzt?
Eine Schwalbe macht bekanntlich noch keinen Sommer. Aber es besteht Hoffnung, dass neue Töne gesetzt werden. Denn eine Politik, die sich ernsthaft damit beschäftigt, Cannabis ein Stück weit in die Eigenverantwortung der Menschen zu geben, die kann auf anderen Feldern der Eigenverantwortung nicht ausweichen.
Es wird Zeit zu akzeptieren, dass die Welt sich gedreht hat und sowohl Empfindung als auch Einstellung zu „risk and fun” im Spiel völlig anders sind als noch vor 10 oder gar 20 Jahren. Es wird Zeit zu akzeptieren, dass es Spielfreude gibt und es wird Zeit, den Menschen dafür einen zeitgemäßen legalen Rahmen zu geben. Für das Spiel in Eigenverantwortung als mündige Bürgerinnen und Bürger.
Stefan Dreizehnter
Chefredakteur games & business
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