Bundeskongress Glücksspielwesen: Ein Jahr GlüStV

Auf dem Bundeskongress Glücksspielwesen des Behörden Spiegels am 20. und 21. September in Berlin wurde gut ein Jahr nach Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV) 2021 eine erste Bilanz gezogen. In Podiumsdiskussionen und Foren diskutierten Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Behörden, Verbänden und Unternehmen unterschiedliche Aspekte der Glücksspielregulierung.

„Der 3. Markt wird nicht vom Schreibtisch aus bekämpft!“

Bei dem Forum „Illegale Angebote – Kampf gegen den 3. Markt“ berichteten Christian Benzrath (l.), Referatsleiter Recht und Ordnung, Stadt Langenfeld, und Arndt Borgmann vom Ordnungsamt der Stadt Hamm (2.v.l.), von ihren Bemühungen, das illegale Spiel einzudämmen. „Kontrolle ist eindeutig möglich und findet in NRW in gemeinsamen Schwerpunktaktionen mit Polizei und Zoll statt“, erklärte Benzrath. Borgmann wurde deutlicher und berichtete ausführlich aus dem „Alltag eines Ordnungsbeamten“. Er sprach über geschätzte 50.000 illegale FunGames-Geräte in Deutschland und einen geschätzten Bruttospielertrag bis zu 10.000 Euro pro Monat pro Gerät. „Bei etwa 250 Millionen Euro illegaler Einnahmen im Monat nehmen die Kommunen genau 0 Euro Vergnügungssteuer und 0 Euro Umsatzsteuer ein.“ Es gehe hierbei um einen Markt, in dem es überhaupt keinen Spielerschutz gebe, so Borgmann.

„Der Kampf gegen den 3. Markt kann nicht am Schreibtisch geführt werden!“, stellte Borgmann fest. Es gebe keine Hinweise aus der Bevölkerung auf das illegale Spiel, weil sich diejenigen, die dort spielen, selbst strafbar machen würden. Allerdings schätzt Borgmann die Unterstützung der legalen Anbieter, da diese oft genau wissen, wo sich die Illegalen befinden und den Ordnungsämtern Tipps geben würden. „Es braucht gut ausgebildete Sachbearbeiter vor Ort, ein gutes und zuverlässiges Netzwerk, ein motiviertes Team und vor allem Ausdauer. Jede Kontrolle ist ein Erfolg“, betonte Borgmann. In einem Jahr seien in Hamm 17 Kontrollen gemeinsam von Polizei, Finanzamt, Zoll und Ordnungsamt durchgeführt und 67 illegale Geldspielgeräte sichergestellt worden. Für das Jahr seien mehr als 500 Arbeitsstunden investiert worden.

Manfred Stoffers (r.), Vorstand Gauselmann Gruppe, ergänzte, dass man das illegale Phänomen bereits seit 2017 verstärkt beobachten könne. Er zog einen Vergleich zur Prohibition, während der sich ebenfalls mafiöse Strukturen entwickelt hätten. Erst als das Alkoholverbot aufgehoben wurde, hätte sich auch die Kriminalität wieder reduziert. Das gewerbliche Automatenspiel sei, so Stoffers, durch die Spielverordnung von 2014 und die TR 5 unattraktiv geworden, zudem gebe es durch den 20-Cent-Einsatz keine Gewinnanreize. „Die Frage ist doch, ob wir es durch eine Rolle rückwärts – also zu den Bedingungen von vor 2014 – wieder schaffen würden, diesen illegalen Markt in den Griff zu bekommen.“

Neue Studie

Maximilian Priem, Manager bei DIW Econ, einem Consulting-Unternehmen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, stellte die Studie „40 Pfennig Höchsteinsatz – Die Automatenwirtschaft zwischen Regulierung und ökonomischen Trends seit 1993“ vor. Die Automatenwirtschaft stehe derzeit vor vielfältigen Herausforderungen: Steigende Betriebskosten, der Rückgang der Aufstellfläche in der Gastronomie, die Covid-19-Pandemie und die zunehmende digitale Konkurrenz setzen Anbieter von Geldspielgeräten zunehmend unter Druck. Gleichzeitig existiere nur ein begrenzter gesetzlicher Handlungsspielraum der Automatenwirtschaft, um den veränderten ökonomischen Rahmenbedingungen durch Anpassungen der Preise, der angebotenen Menge und über Änderungen der Produkteigenschaften entgegenzuwirken, heißt es vom DIW.

Im Auftrag des Verbands der Deutschen Automatenindustrie (VDAI) untersuchte DIW Econ die wirtschaftlichen Kennzahlen der Automatenwirtschaft vor dem Hintergrund der geltenden Regularien und der Entwicklung ökonomischer Trends in den vergangenen 30 Jahren. Die Analyse zeige, dass ein enger Zusammenhang zwischen den jeweils geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen und den Kennzahlen der Automatenwirtschaft besteht. Die Automatenwirtschaft werde damit zum Spielball der rechtlichen Regulierungen, so Priem.

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Foto: Christian Benzrath, Arndt Borgmann und Manfred Stoffers diskutierten unter der Moderation von Behörden Spiegel-Chefredakteur und -Herausgeber Uwe Proll.